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Kontemplation
"Dieses läuternde und liebende Erkennen oder das göttliche Licht, von dem wir hier sprechen, geht bei der Läuterung des Menschen und dessen Vorbereitung auf die vollkommene Einung mit sich genauso um, wie das Feuer mit einem Holzscheit, das es in sich überformt.
Das erste, was echtes Feuer mit einem Holzscheit macht, ist, es allmählich auszutrocknen, indem es alle Feuchtigkeit heraustreibt und alles Wasser, das es enthält, herausweinen lässt; dann macht es das Holzscheit schwarz, dunkel und hässlich und gibt ihm dazu noch einen üblen Geruch. Durch die allmähliche Austrocknung befördert und treibt es alle hässlichen und dunklen Bestandteile, die dem Holzscheit im Gegensatz zum Feuer anhaften, heraus ans Licht. Und indem das Feuer das Holz allmählich von aussen her entflammt und erhitzt, überformt es dieses in sich selbst und macht es so schön wie das Feuer. In dieser Schlussphase gibt es für das Holzstück kein Erleiden und keine Eigenwirkung mehr ausser seiner Schwere und Masse, die noch dichter ist als die des Feuers. Es hat jetzt die Eigenschaften und die Wirkungen des Feuers in sich: Es ist trocken und macht trocken, es ist warm und macht warm, es ist licht und macht licht, und es ist viel leichter als vorher, weil das Feuer in ihm diese Eigenschaften und Wirkungen hervorruft." (*1)  
Johannes vom Kreuz (1542-1591)

Kontemplativ beten
"Dieses läuternde und liebende Erkennen..."

Kontemplativ beten bedeutet, sein Herz für die geheimnisvolle Gegenwart Gottes zu öffnen. Das kann mit oder ohne Worte geschehen. Im ostkirchlichen Jesusgebet geschieht diese Sammlung im Aussprechen des Namens Jesus Christi: "Dein Name ist wie kostbares Salböl!"

Das Jesusgebet entwickelte sich aus dem murmelnden Meditieren der Wüstenväter. Aus einer Fülle von Schriftversen kristallisierte sich eine feste Formel heraus. Mit der Zeit wird entdeckt, wie hilfreich es ist, im Rhythmus des Atems zu beten. Das Gebet des Herzens kann zum Atem und zum Puls geistbestimmten Lebens werden. Wer sich darauf einlässt, dem erschliesst sich Ruhe, Langsamkeit und stille Kraft. Das Herz beginnt, von selbst zu beten.

Kontemplative Erfahrung
"... wie das Feuer mit einem Holzscheit, das es in sich überformt..."

"Warum wirkt der Anblick des Vollmondes so wohltätig, beruhigend und erhebend?," fragte Arthur Schopenhauer. Seine Antwort: "Weil der Mond ein Gegenstand der Anschauung, aber nie des Wollens ist: ‚Sterne, die begehrt man nicht. Man freut sich ihrer Pracht.'" Kontemplation ist "zwecklos". Sie trägt ihren Sinn in sich. Wir erfreuen uns an dem, was in sich selbst gut und schön ist. Sie führt uns aus dem Kreisen um uns selbst.

Im Raum der Bibel führt die kontemplative Urerfahrung beglückender "Himmelsschau" zur Wahrnehmung von Gottes heilsamer Gegenwart in den Abgründen menschlichen Lebens. Kontemplation wird zur Kontrasterfahrung: Bevor das Holz zu stiller Glut wird, erfährt es seinen Widerstand gegen die Kraft des Feuers.

Kontemplation als Weg
"Indem das Feuer das Holz allmählich von aussen her entflammt und erhitzt, überformt es
dieses in sich selbst und macht es so schön wie das Feuer..."

Die Geschichte von den Sterndeutern im Matthäusevangelium erzählt vom kontemplativen Weg. Es ist die kontemplative Schau, die die Weisen auf den Weg bringt. Eine unerwartete Glückserfahrung bildet den Ausgangspunkt. Am ewigen Himmel entdecken sie den Anfang einer neuen Wirklichkeit. Sie machen sich auf den Weg, diese Wirklichkeit zu finden, sie anzubeten. Der Weg erweist sich als verschlungen. Er zieht sich in die Länge. Was sie als Ziel erhofften, Jerusalem, erweist sich als Zwischenstation. Ihre Vision bedarf der Läuterung. Sie muss neu gefunden werden. An wenig verheissungsvollem Ort entdecken und finden sie schliesslich das Gesuchte, den Ort, wo die göttliche Liebe zugänglich wird.

Kontemplativ Leben
"Das Holz hat jetzt die Eigenschaften und die Wirkungen des Feuers in sich:
Es ist trocken und macht trocken, es ist warm und macht warm, es ist licht und macht licht, und es ist viel leichter als vorher..."

Kontemplativ leben heisst, eine Lücke offen zu lassen: für das Wunder lebendiger Gegenwart, für das Geheimnis göttlicher Präsenz. Es geht um die Kunst der Achtsamkeit, des Innehaltens, der Verlangsamung. An die Feststellung, dass zu keiner Zeit die Ruhelosen mehr gegolten haben als in der heutigen, verband Nietzsche die Forderung, das kontemplative Element sei in grossem Masse zu verstärken. Der Beschleunigungsdruck macht Entschleunigungsinseln dringlich. Es braucht Orte, an denen die Kunst des Verweilens eingeübt wird, Zeiten, in denen etwas ausheilen und heranreifen kann.